Hunde als Schmerztherapeuten: Wie Vierbeiner Schmerzen lindern

Hunde als Schmerztherapeuten rücken verstärkt in den Fokus: Die treuen Vierbeiner können laut aktueller Forschung Schmerzen lindern.
Foto: Scott Webb

Schmerzen beeinträchtigen das Leben vieler Menschen erheblich – vor allem chronische Schmerzen können zu Schlafstörungen, Depressionen und sozialem Rückzug führen. Daher suchen Experten nach ergänzenden Therapiemethoden, um die Schmerzwahrnehmung zu verringern und die Bewältigung zu verbessern. Hunde als Schmerztherapeuten rücken dabei verstärkt in den Fokus: Die treuen Vierbeiner spenden nicht nur Trost, sondern können laut aktueller Forschung messbar dazu beitragen, Schmerzen zu lindern. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf wissenschaftliche Studien – insbesondere eine Untersuchung der Humboldt-Universität zu Berlin – und erklären, welche mechanistischen Effekte (hormonell und psychologisch) hinter der schmerzlindernden Wirkung von Hunden stecken.

Hunde als Schmerztherapeuten: Studien der Humboldt-Universität

Wissenschaftler*innen der Humboldt-Universität zu Berlin haben in einer richtungsweisenden Studie gezeigt, dass die Anwesenheit von Hunden das menschliche Schmerzempfinden deutlich reduziert. In diesem Experiment – durchgeführt von Dr. Heidi Mauersberger unter Leitung von Prof. Ursula Hess – mussten Probanden ihre Hand in eiskaltes Wasser halten, eine Methode, die als Cold-Pressor-Test bekannt ist und starke Schmerzen verursacht. Die Teilnehmer durchliefen diese Prozedur mehrfach unter verschiedenen Bedingungen: einmal in Begleitung ihres eigenen Hundes, einmal mit einem vertrauten Freund oder einer Freundin und einmal ohne Begleitung. Das Ergebnis war eindeutig: Mit dem eigenen Hund an der Seite empfanden die Probanden den Schmerz signifikant weniger intensiv und konnten ihn länger aushalten als mit der Begleitung eines Menschen oder allein.

Zusätzlich wurden körperliche Stressreaktionen wie Herzfrequenz und vermutlich auch die Ausschüttung von Stresshormonen gemessen. Dabei zeigte sich, dass die bloße Anwesenheit des Hundes die Stressreaktionen messbar dämpfte. Diese Erkenntnis ist besonders bemerkenswert, da bisher angenommen wurde, dass vor allem menschliche soziale Unterstützung dabei hilft, mit Schmerzen besser umzugehen. Doch in dieser Studie konnte ein Hund den Schmerz effektiver lindern als ein menschlicher Freund oder eine Freundin.

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Ein weiterer Teil der Berliner Studie untersuchte, ob auch fremde Hunde eine schmerzlindernde Wirkung entfalten können. Wiederum hielten Probanden die Hand ins Eiswasser, diesmal begleitet entweder von einem ihnen unbekannten Hund, einer unbekannten Person oder niemandem. Interessanterweise zeigte sich ein ähnlicher Trend: Der Hund erleichterte die Schmerzbewältigung deutlich, während ein fremder Mensch kaum Einfluss hatte. Allerdings war der schmerzlindernde Effekt besonders ausgeprägt bei Probanden, die generell eine positive Einstellung zu Hunden hatten. Das bedeutet, dass die individuelle Sympathie für Tiere eine Rolle spielen kann. Die Forscher*innen führen die starke Wirkung der Vierbeiner auf ihre unkritische, unterstützende Art zurück: Hunde spenden dem Schmerzgeplagten Nähe und Trost, ohne zu bewerten oder Erwartungen zu stellen. Diese soziale Unterstützung in einer schmerzhaften Situation steigert das Wohlbefinden und verringert die Wahrnehmung des Schmerzes.

Weitere wissenschaftliche Belege für die schmerzlindernde Wirkung von Hunden

Nicht nur in Berlin, sondern weltweit beschäftigen sich Forschende mit der tiergestützten Schmerztherapie. Verschiedene Studien in unterschiedlichen Kontexten untermauern die positive Wirkung von Hunden auf Schmerzen und psychisches Wohlbefinden.

Eine kanadische Studie, die in einer Notaufnahme durchgeführt wurde, untersuchte, wie sich ein kurzer Kontakt mit einem Therapiehund auf akute Schmerzpatienten auswirkt. Dabei wurde festgestellt, dass bereits zehn Minuten Streicheln eines ausgebildeten Therapiehundes bei fast der Hälfte der Patienten zu spürbarer Schmerzlinderung führte. Gleichzeitig sanken bei vielen Teilnehmern Angstgefühle und depressive Verstimmungen. Die Forscher stellten fest, dass das allgemeine Wohlbefinden der Patienten deutlich anstieg. Selbst objektive Stressmarker wie Herzfrequenz und Blutdruck besserten sich unmittelbar nach dem Hundebesuch. Diese Studie zeigt, dass selbst ein kurzer Einsatz von Therapiehunden im hektischen Klinikalltag messbare Vorteile mit sich bringen kann.

Ein weiteres Beispiel ist eine amerikanische Studie mit Fibromyalgie-Patienten. Bei dieser Untersuchung wurde getestet, wie sich eine zwanzigminütige Therapiesitzung mit einem Hund auf das Schmerzempfinden auswirkt. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Patienten, die mit einem Hund interagierten, berichteten von einer signifikanten Reduktion ihrer Schmerzen. Besonders bemerkenswert war, dass die Oxytocin-Werte in der Hundegruppe deutlich anstiegen, während das Stresshormon Cortisol tendenziell niedriger ausfiel. Diese Veränderungen deuten darauf hin, dass die Anwesenheit eines Hundes tatsächlich biochemische Prozesse im Körper in Gang setzen kann, die Stress abbauen und Schmerzen reduzieren.

Auch ältere Menschen profitieren von der Gesellschaft eines Hundes. Eine spanische Studie untersuchte Senioren mit chronischen Gelenkschmerzen, die an Bewegungs- und Physiotherapiegruppen teilnahmen. Eine Gruppe absolvierte die Übungen in Anwesenheit eines Therapiehundes, während die Kontrollgruppe ohne Hund trainierte. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Teilnehmer mit tierischer Begleitung berichteten von stärkeren Verbesserungen ihrer Schmerzen. Gleichzeitig wurde beobachtet, dass sie sich motivierter fühlten, an den Übungen teilzunehmen, was langfristig zur Schmerzlinderung beitrug.

Warum helfen Hunde gegen Schmerzen?

Die schmerzlindernde Kraft der Hunde beruht auf einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Sowohl biologische Mechanismen als auch psychologische Effekte tragen dazu bei, dass Menschen Schmerzen weniger intensiv wahrnehmen. Einer der wichtigsten Faktoren ist die Freisetzung von Oxytocin. Dieses sogenannte „Kuschelhormon“ wird verstärkt ausgeschüttet, wenn Menschen mit einem Hund interagieren. Oxytocin wirkt beruhigend, fördert das Wohlbefinden und kann das Schmerzempfinden verringern. Gleichzeitig wird die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol reduziert, was zu einer allgemeinen Entspannung führt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ablenkung. Hunde lenken die Aufmerksamkeit ihrer Besitzer von den Schmerzen ab und fördern positive Emotionen. Dies geschieht durch Streicheln, Spielen oder einfach durch ihre liebevolle Präsenz. Diese Ablenkung kann dazu beitragen, dass Schmerzen subjektiv weniger stark wahrgenommen werden. Darüber hinaus bieten Hunde eine Form der sozialen Unterstützung, die gerade für Menschen mit chronischen Schmerzen von großer Bedeutung ist. Sie geben Geborgenheit und das Gefühl, nicht allein zu sein, was sich wiederum positiv auf die Schmerzbewältigung auswirken kann.

Fazit: Hunde als Schmerztherapeuten

Hunde als Schmerztherapeuten sind mehr als nur ein gefühlvoller Gedanke – sie sind Realität, gestützt durch ein wachsendes Feld wissenschaftlicher Forschung. Studien der Humboldt-Universität zu Berlin und aus aller Welt liefern überzeugende Belege dafür, dass Hunde die Schmerzwahrnehmung senken und die Schmerzbewältigung verbessern können. Durch die Freisetzung wohltuender Hormone, die Reduktion von Stress und Angst sowie die einzigartige Form von Trost und Ablenkung spenden Hunde vielen Schmerzpatienten genau das, was herkömmliche Therapien oft nicht leisten: eine ganzheitliche Linderung, die Körper und Seele gleichermaßen anspricht.