Warum halten Hunde den Kopf schief?

Manchmal kann ein Hund, der häufig oder dauerhaft den Kopf schief hält, damit auf gesundheitliche Probleme hinweisen.
Foto: Igor Lukin auf Pixabay

Fast jeder Hundehalter kennt den Anblick: Der eigene Vierbeiner sitzt vor einem, legt fragend den Kopf schief und schaut aufmerksam mit großen Augen. Meist ist dieses Verhalten auch völlig normal und harmlos. Doch manchmal kann ein Hund, der häufig oder dauerhaft den Kopf schief hält, damit auf gesundheitliche Probleme hinweisen.

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Kommunikation zwischen Hund und Mensch

Häufig neigen Hunde den Kopf, um unsere Stimme besser aufzunehmen und sich auf uns zu konzentrieren. Sie zeigen damit gleichsam Interesse an dem, was wir sagen oder tun. Manche Experten deuten das Kopf-schieflegen sogar als eine Art Empathie des Hundes uns gegenüber – der Hund signalisiert, dass er uns zuhört und versucht, uns zu verstehen.

Tatsächlich können Hunde einzelne Wörter unterscheiden und horchen bei vertrauten Begriffen besonders gespannt hin. Legt ein Hund den Kopf schief, lauscht er vielleicht nach Schlüsselwörtern wie „Gassi“ oder „Leckerli“, die er mit positiven Erfahrungen verbindet.

Wenn der Hund den Kopf schief hält: Studien belegen Zusammenhang mit Spracherkennung

Neuere Forschung liefert ebenfalls Hinweise auf diesen Zusammenhang: Eine ungarische Studie von 2021 zeigte, dass Hunde mit großem Wortschatz ihren Kopf deutlich häufiger schief legen, wenn sie vertraute Begriffe hören. Dieses Verhalten hilft ihnen vermutlich, das Gehörte im Kopf zu verarbeiten und mit einer vertrauten Vorstellung zu verknüpfen. Womöglich neigen auch normale Hunde den Kopf schräg, wenn sich ihnen etwas Bedeutungsvolles ankündigt – zum Beispiel die Aussicht auf ein Leckerli oder einen Spaziergang.

Gelernte Reaktion durch positives Feedback

Nicht zuletzt lernen Hunde auch, dass wir Menschen das schiefe Köpfchen ausgesprochen süß finden. Viele Halter reagieren begeistert darauf – mit Lachen, hoher Stimme oder extra Streicheleinheiten. Dieses positive Feedback bestärkt den Hund darin, den Kopf noch öfter schräg zu legen. Mit der Zeit erfolgt die Geste dann fast schon bewusst, um unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Tatsächlich kann man manchen Hunden den schiefen Blick sogar gezielt antrainieren, indem man das Verhalten belohnt.

Hund hält Kopf schief: Gezieltes Hören oder besseres Sehen?

Neben Aufmerksamkeit und Kommunikation werden oft auch physiologische Erklärungen diskutiert. Manche vermuten, dass Hunde durch das Schieflegen des Kopfes ihre Ohren besser ausrichten, um Geräusche räumlich genauer orten zu können. Klingt plausibel, doch die Budapester Studie fand dafür keine Bestätigung – selbst die „Wunderhunde“ neigten ihren Kopf unabhängig von der Position des Sprechers. Offenbar dient das Kippen also eher dem aufmerksamen Zuhören als der Ortung.

Auch eine zweite Theorie konnte bisher nicht eindeutig belegt werden: Demnach legen Hunde den Kopf schräg, um uns besser sehen zu können. Weil ihre Schnauze einen Teil des Gesichtsfelds blockiert, könnte die seitliche Kopfhaltung helfen, unseren Gesichtsausdruck vollständiger zu erkennen. Doch in Wirklichkeit zeigen Hunde diese Kopfhaltung fast nur im Kontakt mit uns Menschen – beim Beobachten von Artgenossen neigen sie den Kopf kaum. Die “Schnauzen-Theorie” gilt daher als wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass eine Kombination aus Aufmerksamkeit, akustischer Fokussierung und unserem verstärkenden Feedback das Verhalten erklärt.

Wenn der Hund den Kopf dauerhaft schief hält

Anders sieht es aus, wenn ein Hund den Kopf unwillkürlich und ohne erkennbaren Auslöser schief hält – und das vor allem dauerhaft. In solchen Fällen liegt der Verdacht nahe, dass eine körperliche Störung dahintersteckt. Oft ist ein Problem mit dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr der Auslöser. Ist der Gleichgewichtssinn gestört, treten beim Hund meist noch weitere Symptome auf, etwa Unsicherheit beim Gehen, Schwindel, Übelkeit oder auffälliges Augenflackern.

Das Vestibularsyndrom bei älteren Hunden

Besonders bei älteren Hunden kommt es gelegentlich zum sogenannten Vestibularsyndrom, einer Alterserkrankung des Gleichgewichtsapparats. Dabei werden das Innenohr und Teile des Gehirns plötzlich nicht mehr ausreichend durchblutet, was zu einer abrupten, starken Gleichgewichtsstörung führt. Betroffene Hunde entwickeln schlagartig eine ausgeprägte Kopfschiefhaltung und wirken desorientiert, als hätten sie einen kleinen „Schlaganfall“. Glücklicherweise erholen sich viele Vierbeiner vom Vestibularsyndrom nach einigen Tagen oder Wochen wieder weitgehend.

Weitere medizinische Ursachen

Doch auch andere medizinische Ursachen können dazu führen, dass ein Hund den Kopf nicht mehr gerade hält. Häufige Auslöser sind Entzündungen im Ohr – insbesondere eine Mittelohr- oder Innenohrentzündung, bei der das Gleichgewichtsorgan in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch ein starker Befall mit Ohrmilben oder ein Fremdkörper tief im Gehörgang können die Schräghaltung des Kopfes auslösen, weil sie das Gleichgewicht stören oder Schmerzen verursachen.

In manchen Fällen liegt die Ursache im Gehirn selbst. Neurologische Probleme wie ein Schlaganfall oder gewisse epileptische Anfälle können ebenfalls dazu führen, dass der Hund seinen Kopf schief hält und das Gleichgewicht verliert. Seltener stecken andere Erkrankungen des Nervensystems dahinter, etwa Entzündungen oder sogar Tumore im Gehirn.

Wann sollte ein Tierarzt aufgesucht werden?

Wichtig ist, eine solche krankhafte Kopfschiefhaltung möglichst rasch tierärztlich abklären zu lassen. Bleibt die Grunderkrankung unbehandelt, kann sie sich unter Umständen verschlimmern und im schlimmsten Fall dauerhafte Schäden anrichten. Wenn ein Hund plötzlich und ohne ersichtlichen Anlass den Kopf schräg hält – und dies auch nach einigen Minuten nicht von selbst aufhört –, sollte er also umgehend zum Tierarzt gebracht werden.

In den meisten Fällen gibt es jedoch Entwarnung: Meist ist das schiefe Köpfchen schlicht Ausdruck von Neugier und Aufmerksamkeit.