
Ein Vogelbaby gefunden? Gerade im Frühjahr passiert es häufig, dass du im Garten oder Wald ein scheinbar verlassenes Jungvögelchen entdeckst. Doch nicht immer braucht der kleine Federball tatsächlich unsere Hilfe.
Der Artikel gibt praktische Tipps in verständlicher Sprache – von ersten Schritten über Unterschiede zwischen tag- und nachtaktiven Vögeln bis zu rechtlichen Aspekten beim Umgang mit Wildvögeln.
Wenn du ein Vogelbaby gefunden hast, heißt es zuerst: Ruhe bewahren. Gehe besonnen vor, um nichts falsch zu machen – oftmals gefährdet überstürztes Handeln das Tier mehr als gar nichts zu tun.
Gefahr beseitigen: Bring den Jungvogel aus unmittelbarer Gefahr. Sitzt er etwa auf der Straße oder lauert eine Katze in der Nähe, setz ihn behutsam in ein Gebüsch oder auf eine geschützte Grünfläche in der Nähe (max. 10–20 m vom Fundort). So können die Eltern ihn durch Rufe leicht wiederfinden.
Berührung ist erlaubt: Scheue dich nicht, das Vogelbaby anzufassen, um es zu sichern. Anders als häufig gedacht, stören sich Vogeleltern nicht am menschlichen Geruch. Die Eltern werden ihr Junges trotz kurzer menschlicher Berührung weiterhin versorgen.
Verletzungen prüfen: Untersuche aus sicherer Distanz, ob der Jungvogel verletzt ist (sichtbare Wunden, Schiefhaltung von Flügeln/Beinen, extreme Schwäche). Ist er verletzt oder apathisch? Dann braucht er fachkundige Hilfe. Kontaktiere umgehend eine Wildvogel-Auffangstation oder einen vogelkundigen Tierarzt. Halte das Tier bis zur Übergabe warm und ruhig in einem mit Luftlöchern versehenen Karton.
Nicht unbedacht füttern oder tränken: Auch wenn der Impuls groß ist – verzichte zunächst darauf, das Vogelbaby zu füttern oder ihm Wasser einzuflößen. Falsches Futter kann schaden, und Wasser direkt in den Schnabel zu geben ist gefährlich, da der Vogel leicht ersticken kann. Ausnahme: Hat sich der Findling unterkühlt oder ausgehungert, hol dir fachlichen Rat ein, bevor du selbst fütterst.
Hast du diese Schritte befolgt, beobachte den Jungvogel und dessen Umfeld genau. Im nächsten Schritt gilt es zu entscheiden: Braucht das Vogelbaby wirklich menschliche Hilfe, oder kommt es alleine (bzw. mit seinen Eltern) besser zurecht?
Nicht jeder gefundene Jungvogel ist tatsächlich verlassen oder hilfsbedürftig. Viele Vogelarten verlassen ihr Nest bereits, bevor sie vollständig flugfähig sind. Solche Jungvögel nennt man Ästlinge.
Ästlinge sind meist voll befiedert oder haben nur noch wenige Dunen, sie können schon hüpfen oder flattern, aber noch nicht sicher fliegen. Sie sitzen oft in Bodennähe auf Ästen oder im Gras und werden außerhalb des Nests weiter von ihren Eltern gefüttert.
Ihre lautstarken Bettelrufe klingen für uns Menschen zwar hilflos, sind aber völlig normal – so halten die Jungen Kontakt zu den Altvögeln. Ein solcher flügger Jungvogel hat in der Regel die besten Überlebenschancen, wenn er in Ruhe an Ort und Stelle bleiben darf.
Greif also nicht vorschnell ein: Meist beobachten die Eltern ihr Junges aus der Ferne und kümmern sich, sobald du Abstand hältst. Bleib am besten mindestens ein bis zwei Stunden außer Sichtweite und beobachte versteckt, ob die Eltern zurückkehren und füttern.
Ein Nestling ist ein Vogelbaby, das noch nackt oder kaum befiedert ist und normalerweise das Nest nicht verlassen würde. Findest du einen solchen nackten oder nur spärlich mit Flaum bedeckten Jungvogel am Boden, ist klar: Dieser Vogel braucht Hilfe! Ohne Eingreifen würde ein Nestling außerhalb des Nests nicht überleben.
Such zuerst nach dem Nest in der unmittelbaren Umgebung – Nestlinge können noch nicht weit kommen, das Nest muss also in der Nähe sein. Ist das Nest auffindbar und erreichbar? Dann setz den kleinen Vogel behutsam zurück ins Nest.
Beobachte aus der Distanz, ob die Altvögel weiter füttern. In den meisten Fällen werden die Eltern ihr Junges nicht im Stich lassen. Vögel erkennen ihren Nachwuchs am Ruf und stören sich nicht am menschlichen Geruch.
Kein Nest auffindbar oder Eltern kommen nicht zurück? Dann solltest du den Nestling vorläufig in Obhut nehmen und eine anerkannte Wildvogel-Pflegestation kontaktieren.
Halte ihn warm (Nestlinge benötigen etwa 30 °C Körperwärme, z.B. mittels Wärmflasche in einem gepolsterten Karton) und geschützt. Versuch nur dann selbst eine Handaufzucht, wenn du wirklich erfahren bist – unerfahrene Aufzuchten scheitern leider oft.
Fachleute raten: Elterntiere sind die besten Aufzieher! Eine Handaufzucht sollte die letzte Option bleiben, da selbst mit viel Mühe und Fachwissen die Überlebenschancen geringer sind als bei den Vogeleltern.
Wenn du ein Vogelbaby gefunden hast, das bereits vollständig befiedert ist und sich hüpfend oder flatternd bewegt, handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Ästling. In diesem Fall solltest du nicht eingreifen. Lass den Jungvogel in seiner Umgebung, denn die Eltern sind meist in der Nähe und kümmern sich weiter um ihn. Du kannst aus sicherer Entfernung beobachten, ob das Füttern klappt. Nur wenn das Tier eindeutig in Gefahr ist oder nach Stunden keine Eltern zu sehen sind, ist ein Eingreifen angebracht.
Ganz anders ist die Situation bei Nestlingen, also bei nackten oder kaum befiederten Vogelbabys. Sie gehören unbedingt ins Nest zurück, wenn du eines findest. Ist das Nest nicht auffindbar oder erreichbar oder sind die Eltern offensichtlich nicht mehr da, dann musst du helfen. Wärm den kleinen Vogel und bring ihn möglichst schnell in erfahrene Hände. Die Aufzucht sollte nur jemand übernehmen, der sich wirklich auskennt, denn ohne das nötige Wissen sind die Überlebenschancen gering.