
Der Tierarzneimittelmarkt in Deutschland hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt – und steht doch gleichzeitig unter enormem Druck. Zwischen wachsender Nachfrage nach Kleintierbehandlungen, verschärften regulatorischen Rahmenbedingungen und ambitionierten Nachhaltigkeitszielen verändert sich die Branche spürbar. In diesem Artikel erfährst du, welche Trends, Zahlen und Herausforderungen den Markt in den letzten Jahren geprägt haben – und was das für dich und die Zukunft der Tiergesundheit bedeutet.
Du merkst es vielleicht im Alltag mit deinem Tierarzt oder in der Landwirtschaft: Der wirtschaftliche Druck auf den Tiergesundheitssektor ist spürbar. Die gesamte Branche steht im Spannungsfeld zwischen geopolitischen Herausforderungen, nationalen Klimazielen und einer zunehmenden Bürokratisierung. Besonders belastend sind dabei Schnittstellen zum Chemikalien- und Umweltrecht – sie erschweren die Zulassung und Weiterentwicklung vieler Präparate.
Der Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) fordert deshalb seit Langem eine faire, innovationsfreundliche Gesetzgebung. Ziel ist es, zukunftssichere und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen – auch mit Blick auf digitale Lösungen, die Transparenz und Prävention fördern könnten.
Trotz dieser Herausforderungen konnte der Tierarzneimittelmarkt in Deutschland im Jahr 2023 deutlich wachsen: Der Umsatz stieg um 6,1 % auf insgesamt 965 Millionen Euro. Damit setzt sich ein langfristiger Trend fort, denn schon 2019 lag das Wachstum bei 3,8 %.
Die Marktstruktur ist dabei klar gegliedert: Pharmazeutische Spezialitäten bilden mit 45 % den größten Anteil, gefolgt von Biologika, Antiparasitika und Antiinfektiva. Insbesondere Präparate zur Schmerzbehandlung (+13 %), für Hauterkrankungen (+16 %) und für Herz-Kreislauf-Leiden (+7 %) verzeichneten starke Zuwächse.
Bemerkenswert ist auch die Verteilung nach Tierarten: Kleintiere und Pferde machen mit 65 % den Löwenanteil aus, während Nutztiere 35 % des Marktes darstellen.
Haustiere sind längst Familienmitglieder – das zeigt sich auch im Konsumverhalten. Du kennst das vielleicht selbst: Die Bereitschaft, Geld in die Gesundheit von Hund, Katze oder Kaninchen zu investieren, ist hoch. Besonders im Alter oder bei chronischen Erkrankungen steigt der Bedarf an spezialisierten Arzneimitteln.
Spezialpräparate für Haut, Hormone oder den Stoffwechsel – etwa zur Behandlung von Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen – werden immer häufiger nachgefragt. Gleichzeitig stagnierte die Impfbereitschaft bei Kleintieren von 2023 an, was viele Tierärzte kritisch sehen.
Nach den Seuchenausbrüchen der letzten Jahre hat sich die Situation bei Nutztieren stabilisiert. Besonders in der Geflügelhaltung stehen präventive Maßnahmen im Mittelpunkt. Neue Impfstoffe sorgen hier für Zuwächse in der Immunprophylaxe – ein Bereich, der 2023 um 3 % gewachsen ist.
Auch Antiparasitika legten leicht zu. Dabei zeigt sich: Landwirte setzen zunehmend auf gezielte Gesundheitsvorsorge, um Tierwohl, Produktivität und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden.
Ein zentrales Thema bleibt der Einsatz von Antibiotika. Zwar machen Antiinfektiva nach wie vor 15 % des Marktes aus, doch die Abgabe dieser Medikamente ist seit 2017 um über zwanzig Prozent gesunken. Das liegt unter anderem an der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes aus dem Jahr 2014, die die Einzeltierbehandlung gegenüber der Gruppenbehandlung stärkt.
Besonders häufig eingesetzt werden nach wie vor Penicilline, gefolgt von Tetrazyklinen und Makroliden. Reserveantibiotika wie Fluorchinolone stehen unter strenger Beobachtung, was zu gezielten Rückgängen in deren Anwendung geführt hat. Auffällig: Regionen mit hoher Viehdichte, etwa die Weser-Ems-Region, weisen überdurchschnittliche Verbräuche auf.
Um den Antibiotikaeinsatz weiter zu reduzieren, rückt die Digitalisierung (siehe bspw. die Tiergesundheitsdatenbank NRW) stärker in den Fokus. Datengesteuerte Systeme und Antibiotikadatenbanken könnten helfen, Therapieentscheidungen transparenter und effizienter zu gestalten. Doch hier braucht es politische Rückendeckung – insbesondere beim Bürokratieabbau.
Für dich als Tierhalter oder Landwirt bedeutet das langfristig: mehr Information, mehr Sicherheit und bessere Steuerbarkeit von Behandlungen.
Wusstest du, dass Tiergesundheit ein entscheidender Hebel für nachhaltige Lebensmittelproduktion ist? Gesunde Tiere brauchen weniger Ressourcen, liefern sichere Produkte und stehen für besseren Tierschutz. Die Initiative „Gesundes Kalb | Gesunde Kuh“ zeigt, wie dieser Zusammenhang konkret aussieht – und wird 2024 durch eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover wissenschaftlich untermauert.
Der Tierarzneimittelmarkt in Deutschland trägt damit wesentlich zur Umsetzung nachhaltiger Landwirtschaft bei. Wer in Tiergesundheit investiert, schützt nicht nur Tiere, sondern auch Umwelt und Verbraucher.
Der Blick nach vorn zeigt: Die Herausforderungen bleiben, aber auch die Chancen sind groß. Der Tiergesundheitsmarkt in Deutschland muss sich zwischen steigender Nachfrage, digitaler Transformation und komplexen Rechtsvorgaben neu ausbalancieren.
Wenn du beruflich oder privat mit Tieren zu tun hast, wirst du in den kommenden Jahren immer häufiger mit Fragen zu Medikamenten, Impfungen und Diagnostik konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, dass ein innovationsfreundlicher Rechtsrahmen entsteht, der Fortschritt nicht ausbremst – sondern gezielt fördert. Der Tierarzneimittelmarkt in Deutschland wächst nicht nur wirtschaftlich, sondern gewinnt auch gesellschaftlich und ökologisch an Bedeutung. Ob bei Kleintieren, Nutztieren oder im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen – Tiergesundheit ist ein Zukunftsthema, das uns alle betrifft.