
Die Zucht von Zwergkaninchen ist nicht zuletzt ein sensibles Thema im Spannungsfeld von Tierwohl und wirtschaftlichem Interesse. Wer Zwergkaninchen züchtet, übernimmt nicht nur die Pflege niedlicher Tiere, sondern unterliegt auch strengen gesetzlichen Vorgaben. In Deutschland regelt insbesondere Abschnitt 6 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) die Rahmenbedingungen für Haltung und Zucht.
Die TierSchNutztV bildet das zentrale Regelwerk für die Haltung von Nutztieren, zu denen auch Kaninchen zählen – unabhängig davon, ob sie für Mast oder Zucht bestimmt sind. Wer Zwergkaninchen züchtet, muss sich an Abschnitt 6 dieser Verordnung halten. Sie gilt allerdings nicht für Tiere, die in Tierversuchen eingesetzt werden oder wissenschaftlichen Zwecken dienen.
Für Züchter bedeutet das: Haltungseinrichtungen, Klima, Licht, Fütterung und selbst die Dokumentation unterliegen detaillierten Vorgaben. Ziel dieser gesetzlichen Bestimmungen ist es, das Wohlergehen der Tiere zu gewährleisten, ihre natürlichen Verhaltensweisen zu respektieren und unnötiges Leid zu verhindern.
Die Haltungseinrichtungen für Zucht-Zwergkaninchen müssen so gestaltet sein, dass sie Hygiene, Komfort und Sicherheit gewährleisten. Der Boden darf weder rutschig noch gesundheitsschädlich sein. Perforierte Böden, wie sie aus hygienischen Gründen oft genutzt werden, sind nur begrenzt zulässig: Die maximale Spaltenweite beträgt 14 Millimeter, was Verletzungen verhindern soll.
Zudem schreibt die Verordnung erhöhte Flächen als Rückzugsorte vor. Diese müssen mindestens 600 Quadratzentimeter je Tier betragen und dürfen maximal zu 15 Prozent perforiert sein. Damit soll den Kaninchen eine strukturierte Umgebung geboten werden, die ihrem natürlichen Bedürfnis nach Ausweichmöglichkeiten entspricht. Die lichte Höhe des Geheges darf an keiner Stelle unter 60 Zentimeter fallen und muss auf mindestens 70 Prozent der Fläche 80 Zentimeter betragen – ein entscheidender Aspekt für das Wohlbefinden der Tiere.
Ein zentrales Element bei der Zucht von Zwergkaninchen ist die Nestkammer für trächtige Häsinnen. Diese muss mindestens eine Woche vor dem erwarteten Geburtstermin zur Verfügung stehen und den jungen Tieren bis zum Absetzen als Schutz dienen. Die Kammer muss blickdicht abgetrennt sein, über eine Fläche von mindestens 1.000 Quadratzentimetern sowie eine Höhe von 25 Zentimetern verfügen und ausreichend mit Nistmaterial wie Stroh ausgestattet sein. Auch das Anspringen der Kammer ist baulich zu verhindern, um Verletzungen vorzubeugen. Der Zugang für die Häsin muss entweder dauerhaft möglich oder durch den Halter steuerbar sein.
Besonderes Augenmerk legt die TierSchNutztV auf das Stallklima. Hitzestress und zu hohe Luftfeuchtigkeit sind ebenso zu vermeiden wie übermäßige Konzentrationen von Schadgasen. Die Raumtemperatur darf nicht mehr als drei Grad Celsius über der Außentemperatur liegen, insbesondere bei sommerlichen Temperaturen über 30 Grad. Gleichzeitig muss die relative Luftfeuchtigkeit bei Außentemperaturen unter zehn Grad unter 70 Prozent bleiben.
Auch die Belastung mit Ammoniak oder Kohlendioxid ist streng limitiert. Als Richtwert gelten maximal 10 cm³ Ammoniak pro Kubikmeter Stallluft, wobei dieser Wert nicht dauerhaft überschritten werden darf. Für Kohlendioxid gilt eine Obergrenze von 3.000 cm³/m³. Diese Werte tragen wesentlich dazu bei, Atemwegserkrankungen und Stress bei den Tieren zu vermeiden – und somit auch die Sterblichkeitsrate zu senken.
Tageslicht ist ein weiterer essenzieller Faktor für das Wohlbefinden von Zwergkaninchen. Die Stallgebäude müssen mindestens fünf Prozent ihrer Fläche als lichtdurchlässige Öffnungen aufweisen, um natürliche Lichtverhältnisse zu schaffen. Wo das nicht möglich ist, muss künstliche Beleuchtung mit einem definierten Rhythmus eingesetzt werden: mindestens acht Stunden Licht pro Tag bei 40 Lux Helligkeit, eine abgedunkelte Phase mit unter 0,5 Lux sowie eine Dämmerphase von mindestens 30 Minuten.
Neben der Lichtzufuhr sind dunkle Rückzugsbereiche unerlässlich. Diese ermöglichen den Tieren, sich bei Bedarf aus dem Sichtfeld ihrer Artgenossen oder des Menschen zurückzuziehen – ein wichtiges Element zur Stressreduktion.
Die Ernährung spielt in der Zucht Zwergkaninchen eine Schlüsselrolle. Neben Frischfutter und Pellets schreibt die Verordnung den ständigen Zugang zu Raufutter wie Heu sowie zu geeignetem Nagematerial vor. Dies unterstützt nicht nur die Verdauung, sondern auch den notwendigen Zahnabrieb. Alle Tiere – auch Jungtiere – müssen gleichzeitig fressen können, was bei der Planung der Fütterungsanlagen berücksichtigt werden muss.
Tränksysteme sind täglich auf Dichtigkeit zu überprüfen. Pro Tier muss mindestens eine Tränkstelle vorhanden sein, um Konkurrenzverhalten zu vermeiden. Zudem dürfen Futter und Wasser den Boden oder die Einstreu nicht durchnässen – ein zentraler Punkt für die Hygiene im Stall.
Die Entfernung von Kot und Urin muss mindestens einmal täglich erfolgen, sofern Transportbänder eingesetzt werden. Auch bei anderen Systemen ist auf eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion zu achten, insbesondere wenn Stallbereiche vorübergehend leer stehen.
Neben den baulichen und organisatorischen Anforderungen verlangt der Gesetzgeber regelmäßige Kontrollen. Mindestens zweimal täglich müssen alle Tiere sichtbar überprüft werden. Bei Auffälligkeiten ist unverzüglich ein Tierarzt hinzuzuziehen. Darüber hinaus ist eine umfassende Dokumentation Pflicht: Anzahl der Tiere, Einstalldatum, Todesfälle mit Ursache, geschlachtete oder verkaufte Tiere sowie Zuchtverlauf müssen lückenlos festgehalten und drei Jahre lang aufbewahrt werden.
Ab dem 10. Februar 2015 dürfen Zuchtanlagen nur noch von sachkundigen Personen betrieben werden. Diese Sachkunde ist durch eine theoretische und praktische Prüfung bei einem Tierarzt nachzuweisen. Alternativ werden gleichwertige Ausbildungen oder langjährige, beanstandungsfreie Haltung anerkannt. Auch das Stallpersonal muss entsprechend unterwiesen sein.
Ein weiterer kritischer Bereich in der Zucht Zwergkaninchen ist die Fortpflanzung. Eine erneute Deckung oder künstliche Besamung der Häsinnen darf frühestens am elften Tag nach der Geburt erfolgen. Das Absetzen der Jungtiere ist gesetzlich erst nach 28 Tagen erlaubt – Ausnahmen gelten nur mit tierärztlicher Begründung.
Auch hier ist eine detaillierte Aufzeichnung gefordert: Würfe, Geburts- und Absetzzeitpunkte, Deckdaten sowie die jeweilige Mutterhäsin oder der Rammler müssen dokumentiert werden. Diese Daten sind nicht nur für die Einhaltung der Vorschriften relevant, sondern auch für eine tierschutzgerechte Zuchtplanung.
Die Zucht von Zwergkaninchen ist weit mehr als eine liebevolle Beschäftigung mit niedlichen Tieren. Wer sich ernsthaft mit der Zucht befasst, muss sich intensiv mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Abschnitt 6 der TierSchNutztV liefert ein komplexes, aber notwendiges Regelwerk, das Tierwohl und Züchterverantwortung in Einklang bringen soll. Wer sich an diese Vorgaben hält, kann nicht nur gesunde, verhaltensgerechte Tiere aufziehen, sondern leistet auch einen aktiven Beitrag zum Schutz und zur artgerechten Haltung von Zwergkaninchen in Deutschland.
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