Notwehr gegen Haustiere: Wann ist die Abwehr eines Tieres erlaubt?

Die Notwehr gegen Haustiere, die einen angreifen, ist ein rechtlich schwieriges Thema. Hier erfährst du, wie du handeln solltest.
Foto: Vilve Roosioks

Notwehr gegen Haustiere – was ist erlaubt und was nicht?

Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen mit Haustieren. Doch wann darfst du dich gegen einen Angriff wehren? Die Frage nach der Notwehr gegen Haustiere ist rechtlich komplex, denn Tiere gelten in Deutschland nicht als eigenständige Rechtssubjekte. Dieser Artikel erklärt dir, welche Maßnahmen erlaubt sind und wann du dich strafbar machen kannst.

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Notwehr und Notstand – wo liegt der Unterschied?

Grundsätzlich gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Notwehr und Notstand:

  • Notwehr (§ 32 StGB) erlaubt die Verteidigung gegen einen rechtswidrigen Angriff eines Menschen. Da Tiere nicht rechtswidrig handeln können, ist Notwehr gegen Tiere rechtlich nicht möglich.
  • Notstand (§ 228 BGB) greift, wenn eine Gefahr von einer Sache ausgeht. Da Tiere im Sinne des Gesetzes als „besondere Sachen“ (§ 90a BGB) gelten, darfst du sie abwehren, wenn sie dich unmittelbar bedrohen.
  • Eine Verletzung oder Tötung eines Tieres ist nur dann erlaubt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, sich zu schützen.

Notwehr gegen Haustiere in der Praxis

Wenn ein Hund zur Waffe wird

In bestimmten Situationen kann eine Notwehrhandlung gegen ein Tier aber dennoch gerechtfertigt sein. Stell dir vor, jemand hetzt absichtlich seinen Hund auf dich. In diesem Fall liegt kein Angriff des Tieres, sondern ein Angriff des Hundehalters vor. Du darfst dich dann in Notwehr verteidigen – notfalls auch durch das Töten des Hundes.

Wenn ein Hund ohne Absicht angreift

Anders sieht es aus, wenn ein Hund entläuft und aus eigenem Antrieb angreift. Da hier kein menschlicher Angriff vorliegt, greift der Notstand (§ 228 BGB). Du darfst dich wehren, aber nur mit verhältnismäßigen Mitteln. Das bedeutet:

  • Ein gezielter Tritt oder der Einsatz eines Gegenstands ist erlaubt, wenn du dich oder andere schützen musst.
  • Die Tötung des Tieres ist nur dann gerechtfertigt, wenn wirklich kein anderes Mittel bleibt.

Wenn ein Tier als Schutzschild benutzt wird

Manchmal nutzen Menschen Tiere bewusst, um sich selbst zu schützen. Ein Beispiel: Jemand hält seinen Hund zwischen sich und eine Gefahr, etwa eine Konfrontation mit einem Angreifer. Hier liegt kein Notstand vor, sondern ein Missbrauch des Tieres als Schutzmittel. Das kann rechtlich problematisch sein und sogar als Tierquälerei gewertet werden.

Notwehr gegen Haustiere: Wie verhältst du dich richtig, wenn ein Hund dich bedroht?

Wenn du von einem Hund bedroht wirst und der Halter nicht in der Nähe ist, solltest du folgende Maßnahmen beachten:

  • Ruhig bleiben: Plötzliche Bewegungen oder panisches Weglaufen können den Jagdinstinkt des Hundes wecken.
  • Nicht direkt in die Augen schauen: Direkter Blickkontakt kann als Bedrohung empfunden werden.
  • Langsam zurückweichen: Drehe dich nicht um, sondern bewege dich langsam rückwärts.
  • Arme eng am Körper halten: Wildes Fuchteln kann den Hund zusätzlich reizen.
  • Einen Gegenstand nutzen: Falls vorhanden, kannst du eine Tasche oder Jacke zwischen dich und den Hund bringen, um ihn auf Distanz zu halten.
  • Laut und bestimmt sprechen: Ein energisches „Nein“ oder „Stopp“ kann den Hund irritieren und zum Zögern bringen.
  • Falls der Hund angreift: Versuche, dich mit einem Gegenstand zu schützen. Falls keine andere Möglichkeit besteht, kannst du dich mit gezielten Tritten oder Schlägen verteidigen, ohne den Hund unnötig zu verletzen.

Falls du dich verteidigen musst, solltest du anschließend so schnell wie möglich die Polizei oder das Ordnungsamt informieren. In vielen Fällen kann der Halter des Hundes ermittelt werden.

Sollten Tiere eigene Rechte haben?

Die Diskussion über die rechtliche Stellung von Tieren ist noch nicht abgeschlossen. Obwohl sie nach § 90a BGB keine Sachen sind, werden sie oft so behandelt. Tierschützer fordern, dass Tiere eigene Rechte bekommen – ähnlich wie juristische Personen (Unternehmen), die in Deutschland Notwehr genießen.

Es gibt sogar Überlegungen, eine Sonderregelung für Tiere (§ 32a StGB) einzuführen, um ihre Rechte zu stärken. Ob sich das durchsetzt, bleibt abzuwarten.

Notwehr gegen Haustiere: Wann ist die Abwehr eines Tieres erlaubt?

Die Frage der Notwehr gegen Haustiere ist nicht einfach zu beantworten. Ob eine Handlung rechtlich zulässig ist, hängt von den Umständen ab:

Erlaubt (unter bestimmten Bedingungen):

  • Wenn ein Hund auf Befehl gehetzt wird, darfst du dich verteidigen (Notwehr gegen den Menschen).
  • Wenn ein Tier dich angreift und keine andere Möglichkeit zur Abwehr besteht (Notstand).
  • Wenn du eingreifst, um ein Tier vor Misshandlung zu schützen (strittig, aber möglich).

Nicht erlaubt:

  • Das Töten eines Tieres ohne unmittelbare Gefahr.
  • Der Versuch der Tierquälerei – strafbar als versuchte Sachbeschädigung.
  • Fahrlässige Tiertötung – nicht strafbar, aber eventuell zivilrechtlich relevant.

Die Abwehr eines Tieres ist also nur in echten Gefahrensituationen erlaubt. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte in schwierigen Fällen immer die Polizei oder das Veterinäramt einschalten. Da die Rechtslage in dieser Sache allerdings nach Meinung vieler Rechtsexperten noch nicht abschließend geklärt ist, solltest du dich als Halter unbedingt auf dem Laufenden halten. Es ist gut möglich, dass in den nächsten Jahren eine Sonderregelung für Tiere im Bereich Notwehr und Nothilfe geschaffen wird, die den Tierschutz noch stärker in den Vordergrund rückt.