Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen: Rätselhaftes Verhalten an der kalifornischen Küste

Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen – warum das Gift Domoinsäure für aggressive Attacken auf Menschen verantwortlich ist.
Foto: Birgit

Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen – diese alarmierende Nachricht beschäftigt derzeit Wissenschaft, Behörden und Strandbesucher gleichermaßen. In den letzten Monaten häufen sich Meldungen über aggressive Seelöwen, die Menschen attackieren. Dabei handelt es sich um ein Verhalten, das für diese sonst friedlichen Tiere äußerst untypisch ist. Doch was steckt dahinter?

Aus diesem Grund blicken viele Forschende aktuell auf ein bestimmtes Nervengift, das eine zentrale Rolle bei diesem Phänomen zu spielen scheint. Es verändert das Verhalten der Meeressäuger auf drastische Weise – mit teils schmerzhaften Folgen für Betroffene an den Küsten Kaliforniens.

Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen: Aktuelle Vorfälle aus Kalifornien

An mehreren Stränden Südkaliforniens wurden in den letzten Wochen Schwimmer und Surfer attackiert. Besonders auffällig war ein Fall Anfang April 2025. Ein Surfer wurde von einem Seelöwen in den Gesäßmuskel gebissen und ins Wasser gezogen. Er beschrieb das Tier als „dämonisch“ – ein Verhalten, das er von Seelöwen bislang nicht kannte.

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Wenige Tage später wurde eine 15-jährige bei einer Schwimmprüfung gebissen. Sie war nur 25 Meter vom Ufer entfernt, als sie plötzlich einen scharfen Schmerz im Arm spürte. In Panik dachte sie zunächst, ein Hai hätte sie attackiert. Diese Angriffe stehen nicht allein: Schon 2023 kam es zu mindestens fünf ähnlichen Vorfällen.

Daraufhin wuchs die Sorge vor einem möglichen Auslöser, der das Verhalten der Tiere verändert. Immer mehr Hinweise deuten auf ein bestimmtes Gift hin, das durch Nahrung aufgenommen wird.

Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen: Domoinsäure als Auslöser

Die Ursache für die Angriffe ist laut aktuellen Studien eine Domoinsäurevergiftung. Dieses hochwirksame Nervengift wird von mikroskopisch kleinen Algen namens Pseudo-nitzschia produziert. Diese Algen blühen regelmäßig vor der kalifornischen Küste auf. Wenn Fische und Schalentiere die Algen fressen, speichern sie das Gift. Seelöwen nehmen es wiederum auf, indem sie diese Tiere verzehren.

Laut Forschern sei das Gift besonders tückisch. Denn es verursacht neurologische Ausfälle, ohne dass die Futtertiere selbst Symptome zeigen. Dadurch gelangen große Mengen Domoinsäure unbemerkt in den Körper der Seelöwen.

Bereits geringe Mengen der Substanz können zu massiven Ausfällen im Gehirn und in anderen Organen führen. Das Nervensystem der Tiere gerät außer Kontrolle – was wiederum das aggressive Verhalten erklärt.

Symptome: So wirkt das Nervengift auf Seelöwen

Das Nervengift führt zu den Seelöwen-Angriffen, weil es das zentrale Nervensystem massiv beeinflusst. Die Tiere leiden unter Zuckungen, Krämpfen und Desorientierung. Einige wirken lethargisch, andere zeigen übersteigerte Reaktionen auf Berührungen oder Bewegungen.

Das Verhalten sei reflexartig. Seelöwen erkennen nicht mehr, wo sie sind oder was sie tun. Sie beißen unkontrolliert zu, wenn sie erschreckt werden. Auch Kopfschütteln, Schaumbildung am Maul und starre Augen gehören zu den Anzeichen. Viele Tiere reagieren verzögert oder gar nicht auf Reize – sie befinden sich in einem tranceartigen Zustand.

Langfristig führt das Gift zu Gedächtnisstörungen, Lernproblemen und Verhaltensveränderungen. Manche Tiere verlieren sogar ihr natürliches Sozialverhalten.

Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen: Verbreitung nimmt zu

Die Zahl der Vergiftungsfälle nimmt seit Jahren zu. Besonders 2023 wurde als Katastrophenjahr in Erinnerung behalten: Über 1000 kranke oder tote Seelöwen und mehr als 60 Delfine wurden registriert. Damals rief das Channel Islands Marine & Wildlife Institute täglich mehr als 200 Notrufe entgegen.

Auch Anfang 2025 wurde eine neue Welle giftiger Algen dokumentiert. Betroffen sind mittlerweile weite Teile der kalifornischen Küste, einschließlich der Bezirke Los Angeles, Santa Barbara und San Diego. Es ist bereits das vierte Jahr in Folge mit massiven Algenpesten.

Solche Ausbrüche sind nicht neu – aber sie nehmen an Stärke und Häufigkeit zu. Bereits 2015 wurde ein Ausbruch gemeldet, der sich bis nach Alaska erstreckte.

Klimawandel fördert Algenblüten – und damit Seelöwen-Angriffe

Warum das Nervengift häufiger vorhanden ist und zu Seelöwen-Angriffen führt, lässt sich auch mit dem Klimawandel erklären. Erwärmte Ozeane, veränderte Strömungen und Nährstoffeinträge fördern das Wachstum toxischer Algen. Je wärmer das Wasser, desto schneller wachsen die Pseudo-nitzschia-Algen.

Normalerweise treten solche Blüten im Sommer auf. Doch 2025 begannen sie bereits im Frühjahr. Dies lässt Wissenschaftler vermuten, dass sich der Zeitraum gefährlicher Algenpesten ausdehnen könnte – mit unkalkulierbaren Folgen für Meeresbewohner und Menschen.

Zudem wird das Wasser durch Landwirtschaft und Abwässer mit Nährstoffen überfrachtet. Das Zusammenspiel aus natürlichen und menschengemachten Faktoren lässt die Algen regelrecht explodieren.

Schutzmaßnahmen gegen Seelöwen-Angriffe

Um gefährliche Begegnungen zu vermeiden, raten Experten zu Vorsicht. Das Marine Mammal Center empfiehlt, mindestens 45 Meter Abstand zu den Tieren zu halten. Auch wenn Seelöwen neugierig wirken, solltest du niemals versuchen, sie zu berühren.

Die Rettung vergifteter Tiere erfolgt über spezialisierte Netzwerke. Laut Channel Islands Marine & Wildlife Institute konnten bis Ende März 2025 mehr als 150 Seelöwen behandelt werden. Die Überlebenschancen steigen deutlich, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 72 Stunden beginnt.

Delfine hingegen überleben die Vergiftung kaum. Alle bekannten Fälle endeten bisher tödlich oder erforderten eine Euthanasie.

Gefährliche Folgen für den Menschen

Das Nervengift führt zu Seelöwen-Angriffen, doch es kann auch Menschen direkt gefährden – durch kontaminierte Meeresfrüchte. Die sogenannte „Muschelvergiftung“ (ASP) verursacht Kribbeln, Übelkeit und im Extremfall Atemnot oder Gedächtnisverlust.

Deshalb empfehlen Behörden, keine Muscheln oder Schalentiere aus betroffenen Regionen zu essen. Auch auf Märkten oder in Restaurants solltest du bei der Herkunft der Produkte genau hinsehen.

Die Entwicklung zeigt deutlich: Umweltveränderungen haben reale Folgen – für Tiere und Menschen. Nur durch Aufklärung, Forschung und Vorsicht lassen sich weitere Zwischenfälle verhindern.

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