Im März 2025 machte eine Nachricht weltweit Schlagzeilen: 700 Koalas getötet – so lautete die offizielle Zahl der Tiere, die im australischen Budj-Bim-Nationalpark nach einem verheerenden Buschfeuer von Behörden erschossen wurden. Die Aktion wurde von der Regierung Victorias als „Akt der Barmherzigkeit“ bezeichnet, doch sie löste eine heftige Debatte über Tierschutz, Ethik und Katastrophenmanagement aus. Während einige Stimmen Verständnis für die Maßnahme äußern, kritisieren viele Expertinnen, Tierschutzorganisationen und Politiker das Vorgehen scharf.
Die Begründung der Behörden basiert auf mehreren Faktoren. Nach dem Brand waren große Teile der Hauptnahrungspflanze der Koalas, die Manna-Eukalyptusbäume, zerstört. Viele Tiere waren schwer verletzt, litten unter Rauchvergiftungen, Hunger und Dehydrierung. Da das Gelände nahezu unzugänglich war, wurde laut Regierung der Luftabschuss als einzige praktikable Lösung betrachtet, um unnötiges Tierleid zu verhindern. Ausgeführt wurde die Tötung aus Helikoptern in geringer Höhe, wobei die Tiere angeblich zuvor mit Ferngläsern gesichtet und von Tierärzten begleitet wurden. Dennoch bleibt die Tatsache, dass 700 Koalas getötet wurden, für viele unbegreiflich.
Tierschutzorganisationen wie Friends of the Earth oder die Koala Alliance werfen der Regierung vor, zu voreilig gehandelt zu haben. Ihrer Ansicht nach hätte es Alternativen gegeben. So sei beispielsweise nicht ausreichend geprüft worden, ob man frische Eukalyptuszweige hätte ausbringen oder einzelne Tiere hätte umsiedeln können. In ähnlichen Situationen, etwa bei Bränden 2020, wurden solche Lösungen erfolgreich angewendet. Kritiker zweifeln außerdem daran, dass aus der Luft zweifelsfrei zu erkennen war, ob ein Tier tatsächlich schwer verletzt war – oder ob es sich vielleicht nur erschöpft versteckte.
Besonders problematisch war aus Sicht vieler Fachleute, dass keine gesicherte Aussage darüber möglich war, ob weibliche Koalas Jungtiere im Beutel trugen. Das bedeutet, dass mit jedem getöteten Tier auch ein Junges unbemerkt starb. Die Tatsache, dass 700 Koalas getötet wurden, wirft daher nicht nur Fragen nach Tierschutz, sondern auch nach Transparenz, Verantwortung und langfristiger Katastrophenvorsorge auf.
Die Entscheidung, die Tiere aus der Luft zu töten, ist ein bisher beispielloser Vorgang. Noch nie zuvor wurden in Australien Luftabschüsse bei einer einheimischen, geschützten Tierart wie dem Koala durchgeführt. Solche Methoden kamen bislang nur bei invasiven Arten wie Wildpferden oder Kamelen zum Einsatz. Dementsprechend groß ist die Sorge, dass dieser Fall einen gefährlichen Präzedenzfall darstellt.
Auch wenn einige Tierärzte und Wildbiologen das Vorgehen unter den extremen Umständen als nachvollziehbar einstufen, fordern viele Stimmen eine unabhängige Überprüfung der Entscheidung. Premierministerin Jacinta Allan verteidigte das Vorgehen zwar mit Verweis auf umfassende Risikobewertungen. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen: 700 Koalas getötet – das sorgt bei vielen für Entsetzen, Zweifel und tiefe Verunsicherung.
In der Folge wurden Rufe laut, die australische Katastrophenschutzstrategie grundlegend zu überarbeiten. Künftig sollen tiergerechtere Alternativen systematisch in Notfallpläne integriert werden. Dazu gehören unter anderem dezentrale Futterstellen, Notställe und mobile Pflegeteams, die im Ernstfall rasch helfen können. Denn dass Buschbrände in Australien künftig häufiger und intensiver auftreten werden, gilt als wahrscheinlich.