Unechte Karettschildkröten auf Sylt und Amrum: Seltene Funde an Nordseeküste

Unechte Karettschildkröten wurden auf Sylt und Amrum angespült.
Foto: Silke auf Pixabay

Seltene Schildkröten an der Nordseeküste angespült

In den vergangenen Monaten wurden an den Stränden von Sylt und Amrum Unechte Karettschildkröten (Caretta caretta) angespült. Für die meisten dieser Meeresbewohner kam jede Hilfe zu spät. Doch zwei Tiere hatten Glück: Sie wurden gerettet und befinden sich derzeit in Pflege. Ihr Auftauchen in der kalten Nordsee wirft Fragen auf.

Woher stammen die Meeresschildkröten?

Die Unechte Karettschildkröte lebt hauptsächlich in warmen Gewässern wie dem Mittelmeer, dem Atlantik, dem Pazifik und dem Indischen Ozean. Normalerweise meiden sie kühlere Regionen. Doch aufgrund der Klimaerwärmung könnte sich ihr Verbreitungsgebiet allmählich verändern. Die kühlen Temperaturen der Nordsee sind jedoch eine lebensbedrohliche Herausforderung für diese Tiere.

Beeindruckendes Wanderverhalten

Meeresschildkröten legen oft Tausende Kilometer zurück. Sie verfügen über eine faszinierende „magnetische Landkarte“, die ihnen hilft, sich in den Ozeanen zu orientieren. Wissenschaftler dokumentierten 1996 eine Karettschildkröte, die in einem einzigen Jahr 14.500 Kilometer zurücklegte. Ihre langen Wanderungen sind Teil ihres natürlichen Lebenszyklus, bergen aber auch Risiken.

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Rettung und medizinische Versorgung

Die beiden geretteten Schildkröten wurden im Dezember 2024 und Januar 2025 ins Sylt-Aquarium gebracht. Sie litten an schwerer Unterkühlung, wodurch es zu Lähmungserscheinungen kam. Zudem bestand der Verdacht auf eine Lungenentzündung. Die Experten versorgten die Tiere mit Antibiotika und begannen mit einem langsamen Aufwärmen. In einem speziell temperierten Becken werden sie nun auf ihre Rückkehr in warme Gewässer vorbereitet.

Wissenschaftliche Untersuchungen und Freilassung

Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) untersucht die gestrandeten Schildkröten, um mögliche Ursachen für ihr Auftreten in der Nordsee zu ermitteln. Unechte Karettschildkröten können bis zu 1,20 Meter groß und bis zu 200 Kilogramm schwer werden. Sobald sich die Tiere erholt haben, werden sie nach La Rochelle in Frankreich transportiert. Dort durchlaufen sie eine weitere Rehabilitationsphase, bevor sie zurück in den Atlantik entlassen werden.

Spezieller Transport nach Frankreich

Der Transport der Schildkröten erfolgt in speziell angefertigten Boxen ohne Wasser. Dies verhindert unnötige Belastung und Verletzungen. Während der Fahrt müssen die Tiere alle zwei Stunden befeuchtet werden, um nicht auszutrocknen. Die Fahrt nach La Rochelle ist eine wichtige Etappe auf ihrem Weg zur Genesung und Rückkehr in ihren natürlichen Lebensraum.

Bedrohung und Schutz der Unechten Karettschildkröte

Die Unechte Karettschildkröte ist eine bedrohte Art. Ihr Bestand schrumpft durch verschiedene Gefahren:

  • Jagd auf ihr Schildplatt

  • Absammeln der Eier an Brutstränden

  • Fischereibeifang, da sie sich in Netzen verfangen

  • Plastikmüll, den sie mit Nahrung verwechseln und daran verenden

Trotz internationaler Schutzmaßnahmen bleibt die Zukunft dieser faszinierenden Meeresbewohner unsicher.

Weitere Funde in Europa

Nicht nur in Deutschland werden Unechte Karettschildkröten angespült. In den vergangenen Jahren gab es ähnliche Strandungen in Belgien, Dänemark und den Niederlanden. In Belgien wurde Ende 2023 erstmals eine Unechte Karettschildkröte nachgewiesen. Experten vermuten, dass sich aufgrund veränderter Meeresströmungen und klimatischer Bedingungen zukünftig weitere Tiere in nördliche Gewässer verirren könnten.

Verhalten bei einem Fund in Schleswig-Holstein

Sollten Spaziergänger an den Stränden Schleswig-Holsteins eine gestrandete Schildkröte entdecken, gilt folgende Vorgehensweise:

  • Lebende Schildkröten: Unbedingt Ruhe bewahren und die Seehundjäger über die „Robben App“ informieren. Die Tiere werden ins Sylt-Aquarium gebracht.

  • Tote Schildkröten: Fund umgehend an das ITAW melden, damit Untersuchungen durchgeführt werden können.

Der Schutz dieser bedrohten Tiere erfordert Aufmerksamkeit und schnelles Handeln. Jedes gerettete Tier erhöht die Chancen, dass die Population erhalten bleibt.

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